Es ist schon seltsam: Andere Kommunen reißen sich förmlich um Unternehmer, die sich (auch finanziell) in ihrer Heimatstadt engagieren und etwas bewegen wollen. Bocholt aber stößt solchen Menschen schon mal gerne vor den Kopf. Es scheint dabei mehr um Emotionen als um die Fakten zu gehen. Denn die Fakten sprechen eher für die Schützenhaus-Pläne als dagegen. Dazu fünf Thesen:
1. Eine Stadthalle ist ein Standortfaktor
Bocholt steht vor einem Strukturwandel. Der Nachwuchs wird knapp. Studienabgänger bleiben vermehrt in den Großstädten. Partner/-innen und Familien nämlich sind nur schwer zu bewegen, mit in die “Provinz” zu ziehen. Eine Kommune muss daher neben guten Jobs und Schulen ein breites und attraktives Freizeit- und Kulturangebot bieten. Schlimm genug, dass viele Abiturienten nicht einmal mehr ihren Abiball ordentlich in Bocholt feiern können. Das ist ihr letzter und oft bleibender Eindruck von der Heimat, ehe sie in die weite Welt hinausziehen…
2. Eine Stadthalle ist gewollt
Der Bürgermeister, die Spitze der Verwaltung, der Stadtmarketingchef und oberste Wirtschaftsförderer, Politiker, Karnevalisten, Kulturschaffende, Schützenvereine, Unternehmer , Verbände, Medien und nicht zuletzt ein großer Teil der Bevölkerung plädieren für einen Festsaal, der über 1.000 Sitzplätze aufweisen kann. Nur so lassen sich Konzerte sowie Kongresse realisieren und attraktive Künstler nach Bocholt holen. Ganz sicher aber ist der Erhalt eines Schützenhauses deutlich mehr gewollt als wesentlich teurere und risikoreichere aktuelle Großprojekte…
3. Eine Stadthalle braucht Förderung
Rein privatwirtschaftlich lässt sich eine Stadthalle in einer Kommune wie Bocholt nicht betreiben. Die Kosten für Investition und Betrieb (Energie, Wartung usw.) sind zu hoch. Insolvenzverwalter, Stadtmarketing und Eigentümer haben monatelang Investoren für das Brauhaus gesucht: Vergeblich. Die Alternative zu Renovierung heißt momentan Verkauf und/oder Abriss…
4. Der Schützenhaus-Umbau ist eine eher günstige Lösung
Der Investor fordert von der Stadt 180.000 Euro Nutzungsentgelt im Jahr. Das erscheint viel. Im Gegenzug kann das Stadtmarketing jedoch den Saal nutzen und mit Schlagerabenden, Partys, Konzerten, Kabarettveranstaltungen, Kongressen und vielem mehr Geld verdienen. Rechnet man Gewerbesteuern, den wirtschaftlichen Gewinn von geschätzt 30 Arbeitsplätzen sowie die Übernahme von 700.000 Euro Altschulden zum Vorteil der Stadtsparkasse hinzu, relativiert sich die Anfangssumme schnell und deutlich. Und noch eines: Im Falle eines Scheiterns der aktuellen Pläne ist ein Ausstieg für die Stadt nach der Devise “keine Leistung, kein Geld” jederzeit möglich. Das finanzielle Risiko ist für sie folglich berechenbar…
5. Ein Schützenhaus-Umbau ist finanzierbar
Der Kämmerer der Stadt, Ludger Tripphaus, hat sich im Bocholter Report am Samstag klar und deutlich für eine Schützenhaus-Lösung ausgesprochen. Er meinte: “Wir müssen schauen, ob wir die 180.000 Euro jährlich nicht an anderer Stelle einsparen können.” Ganz offensichtlich geht es also mehr um die richtige Prioritätensetzung als um einen von den Gegnern der Schützenhaus-Lösung heraufbeschworenen Bankrott…
Berthold Blesenkemper